Soziale Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland bedeutet auch: Wer einen gesundheitlichen Schaden erleidet, für dessen Folgen die Gemeinschaft einsteht, hat Anspruch auf Versorgung. Damit sollen beispielsweise besondere Opfer zumindest finanziell abgegolten werden. Auch die Hinterbliebenen solcher Beschädigten können eine Versorgung beanspruchen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Die Soziale Entschädigung erfasst:
- Kriegsopfer (sie stellen derzeit den größten Empfängerkreis von Versorgungsberechtigten nach dem Bundesversorgungsgesetz),
- Opfer von Gewalttaten,
- Wehr- und Zivildienstbeschädigte,
- Impfgeschädigte,
- Personen, die nach dem 8.Mai 1945 in der sowjetischen Besatzungszone, im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes genannten Gebieten aus politischen Gründen inhaftiert wurden und dadurch gesundheitlich beeinträchtigt worden sind,
- Personen, die aufgrund eines SED-Unrechtsurteils inhaftiert waren und dadurch Gesundheitsschäden erlitten haben, die noch heute fortdauern.
Gesetze
Grundlagen für das Soziale Entschädigungsrecht finden Sie im:
- Bundesversorgungsgesetz (BVG),
- Soldatenversorgungsgesetz (SVG),
- Zivildienstgesetz (ZDG),
- Häftlingshilfegesetz (HHG),
- Opferentschädigungsgesetz (OEG),
- Infektionsschutzgesetz (IfSG),
- Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG),
- Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VWRehaG).
Die Bereiche „Kriegsopferversorgung“ und „Opfer von Gewalttaten“ werden im Folgenden in Einzelheiten erläutert.
Kriegsopferversorgung
Leistungen/Voraussetzungen
Auf Antrag erhalten Sie Versorgungsleistungen für gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen einer Schädigung, die verursacht worden ist durch:
- Eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung,
- Einen Unfall, während Sie diesen Dienst ausübten,
- die Verhältnisse, die diesem Dienst eigentümlich sind,
- Kriegsgefangenschaft,
- unmittelbare Kriegseinwirkung (beispielsweise, wenn Sie als Zivilperson bei einem Luftangriff verletzt worden sind) oder wenn der Gesundheitsschaden durch Gewaltakte von Angehörigen der Besatzungsmächte (z.B. Körperverletzung, Vergewaltigung) entstanden ist.
Als Beschädigte im Sinne des Sozialen Entschädigungsrechts haben Sie Anspruch auf Heilbehandlung für anerkannte Folgen der Schädigung, wie:
- ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung,
- Behandlung im Krankenhaus,
- Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln,
- Versorgung mit Hilfsmitteln,
- Versorgung mit Zahnersatz,
- Ersatzleistungen, die die Versorgung mit Hilfsmitteln ergänzen (beispielsweise beim Kauf und bei notwendigen Änderungen von Kraftfahrzeugen),
- Badekuren,
- Haushaltshilfe,
- Teilnahme an Leibesübungen für Versehrte.
Wichtig für Schwerbeschädigte
Wenn bei Ihnen ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 Prozent anerkannt worden ist, erhalten Sie auch für alle weiteren nichtschädigungsbedingten Erkrankungen Heilbehandlung. Das gilt natürlich nur, wenn diese Behandlung nicht bereits durch Ansprüche gegen andere Leistungsträger sichergestellt ist. Ebenfalls keinen Anspruch auf Heilbehandlung für weitere Erkrankungen haben Sie, wenn Ihr Verdienst über der Jahresarbeitsentgeltgrenze der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Das sind 2009monatlich 4.050 EUR in den alten und neuen Bundesländern.
Weiterhin haben Sie Anspruch auf Versorgungskrankengeld, wenn Sie durch die Folgen der Schädigung arbeitsunfähig sind, und auf Krankenbehandlung einschließlich Leistungen zur Gesundheitsvorsorge und medizinischen Rehabilitation, sofern sie nicht anderweitig sichergestellt ist.
Diesen Anspruch haben
- Schwerbeschädigte für ihre Ehepartner und ihre Kinder sowie für sonstige Angehörige,
- Pflegezulageempfänger für Personen, die sie unentgeltlich pflegen,
- Hinterbliebene.
Darüber hinaus haben Sie Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die helfen, dass Sie einen angemessenen Beruf erlangen, wiedererlangen oder erhalten. Solange die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben andauern, erhalten Sie Übergangsgeld oder Unterhaltsbeihilfe.
Rentenleistungen erhalten Beschädigte, Witwen, Waisen und Eltern. Wie hoch die Beschädigtenrente ist, richtet sich nach der Höhe des festgestellten Grades der Schädigung (GdS). Ab einem GdS von 25 werden Rentenleistungen erbracht. Folgende Leistungen gibt es:
- Grundrente, gestaffelt nach GdS. Ab Vollendung des 65. Lebensjahres erhöht sich die Grundrente bei Schwerbeschädigten.
- Schwerstbeschädigtenzulage in sechs Stufen.
- Pflegezulage bei Hilflosigkeit ebenfalls in sechs Stufen.
- Ersatz für Mehrverschleiß an Kleidung und Wäsche.
- Blinde erhalten eine Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung.
- Berufsschadensausgleich, um den Einkommensverlust auszugleichen, den der Beschädigte hinnehmen musste, weil er seinen früher ausgeübten oder angestrebten Berufwegen der Schädigung ganz oder teilweise nicht mehr ausüben kann.
- Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag erhalten Schwerbeschädigte, damit sie ihren Lebensunterhalt sichern können. Angerechnet wird das Einkommen, nachdem Freibeträge abgezogen worden sind.
- Wenn Beschädigte an den Folgen ihrer Schädigung sterben, erhalten ihre Witwen und Waisen eine Grundrente. Daneben wird eine Ausgleichsrente gewährt, damit sie ihren Lebensunterhalt sichern können. Auf diese Ausgleichsrente wird das vorhandene Einkommen angerechnet, nachdem Freibeträge abgezogen worden sind.
- Falls das Einkommen einer Witwe einschließlich Grund- und Ausgleichsrente sowie Pflegeausgleichweniger als die Hälfte des Einkommens beträgt, das der Verstorbene ohne die Schädigung erzielt hätte, erhält sie einen Schadensausgleich.
- Wenn der Beschädigte nicht an den Folgen seiner Schädigung gestorben ist, kommt für die Hinterbliebenen Witwen- oder Waisenbeihilfe in Betracht, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
- Die Eltern eines Beschädigten, der an den Folgen seiner Schädigung verstorben ist, erhalten eine Elternrente, wenn sie bedürftig sind und das 60. Lebensjahr vollendet haben oder wenn sie erwerbsunfähig sind. Das gilt auch für Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern sowie – unter bestimmten Voraussetzungen – für Großeltern. Haben die Eltern eigenes Einkommen, wird es auf die Elternrente angerechnet, nachdem Freibeträge abgezogen worden sind.
Zusätzlich gibt es ergänzende Leistungen der Kriegsopferfürsorge, zum Beispiel:
- Hilfe zur Pflege,
- Hilfe zur Weiterführung des Haushalts,
- Altenhilfe,
- Erholungshilfe,
- Hilfen in besonderen Lebenslagen, u.a. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen,
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Beschädigte,
- Ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt.
Leistungen der Kriegsopferfürsorgewerden nachrangig und zur Ergänzung der übrigen Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz als besondere Hilfen im Einzelfall gewährt. Sie sind grundsätzlich einkommens- und vermögensabhängig – es sei denn, der Bedarf ist ausschließlich schädigungsbedingt.
Gesetze
Gesetzliche Grundlage für die Kriegsopferversorgung und -fürsorge ist das Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Information
Zuständig für die Kriegsopferversorgung sind die örtlichen Versorgungsbehörden. Leistungen können Sie dort beantragen, aber auch bei den Gemeinden, einem Träger der Sozialversicherung oder einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. Sollten Sie mit deren Entscheidungen nicht einverstanden sein, können Sie kostenlos den Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschreiten.
Zuständig für die Kriegsopferfürsorge sind die örtlichen und überörtlichen Träger der Kriegsopferfürsorge.
Rechtsschutz im Bereich der Kriegsopferfürsorge gewähren die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Übersicht über die finanziellen Leistungen der Kriegsopferversorgung (Stand: 1.7.2008)
in den Altländern pro Monat
|
in den neuen Ländern pro Monat |
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Empfängerkreis |
GdS* |
EUR |
EUR
|
Blinde (Führzulage) |
144 |
127 |
|
Grundrente für Beschädigte** |
30 40 50 60 70 80 90 100 |
120 164 221 279 387 468 562 631 |
106 144 195 246 341 412 495 556 |
Alterserhöhung zur Grundrente |
50, 60 70, 80 90, 100 |
24 30 37 |
21 26 33 |
Schwerstbeschädigtenzulage |
Stufe I Stufe II Stufe III Stufe IV Stufe V Stufe VI |
72 150 224 299 373 449 |
63 132 197 263 329 395 |
Ausgleichsrente für Beschädigte |
50, 60 70, 80 90 100 |
387 468 562 631 |
341 412 495 556 |
Ehegattenzuschlag |
69 |
61 |
|
Pflegezulage |
Stufe I Stufe II Stufe III Stufe IV Stufe V Stufe VI |
266 455 645 929 1.078 1.325 |
234 401 568 730 949 1.167 |
Grundrente für Witwen |
378 |
333 |
|
Ausgleichsrente fürWitwen |
419 |
369 |
|
Grundrenten für - Halbwaisen - Vollwaisen |
107 199 |
94 176 |
|
Ausgleichsrenten für - Halbwaisen - Vollwaisen |
187 260 |
165 229 |
|
Elternrente für - Elternpaar - Elternteil |
513 357 |
452 314 |
|
Erhöhungsbetrag nach §51 Abs.2 BVG für - Elternpaar - Elternteil Erhöhungsbetrag nach §51 Abs.3 BVG für - Elternpaar - Elternteil Bestattungsgeld - Voll - Halb Kleiderverschleißpauschale |
94 69
290 210
1.523 763 18-117 |
83 61
255 185
1.341 672 16-103 |
*) Grad der Schädigungsfolgen
**) Nach dem Urteil des BVerfG vom 14.3.2000 und der nachfolgenden Rechtssprechung des BSG wird mit Wirkung vom 1.1.1999 die Beschädigtengrundrente der Kriegsopfer und der SED-Opfer einschließlich der Alterserhöhung und der Schwerstbeschädigtenzulage in den neuen Ländern in Höhe des Westniveaus gezahlt.
Opfer von Gewalttaten
Leistungen/Voraussetzungen
Wenn Sie innerhalb der Bundesrepublik Deutschland oder auf einem deutschen Schiff bzw. Luftfahrzeug das Opfer einer Gewalttat geworden sind und hierdurch gesundheitlichen Schaden erlitten haben, werden Sie im gleichen Umfang versorgt wie Kriegsopfer. Das gilt auch für Ausländer, wenn sie aus einem Staat kommen, der eine vergleichbare Entschädigung an Deutsche zahlt, die dort Opfer einer Gewalttat wurden. Dieser so genannte Gegenseitigkeitsvorbehalt gilt nicht für Bürger aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) von 1993 sind in diese Entschädigungsregelung auch die übrigen Ausländer, die rechtmäßig längerfristig in der Bundesrepublik leben, in angemessener Weise einbezogen worden. Wie sie entschädigt werden, hängt u.a. von der Aufenthaltsdauer, d.h. dem Ausmaß ihrer Integration, ab. Entschädigt werden auch Ausländer, deren Aufenthalt in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen oder erheblichem öffentlichen Interesse als rechtmäßig anzusehen ist. Für ausländische Touristen und Besucher gilt eine Härtefallregelung.
Gesetze
Das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten ist am16.Mai 1976 in Kraft getreten. Es gilt in der Regel nur für Schädigungen, die durch Gewalttaten eingetreten sind, die seit diesem Zeitpunkt verübt worden sind. Wenn jemand zwischen dem 23.Mai 1949 und dem 15.Mai 1976 geschädigt wurde, wird er nur unter bestimmten Voraussetzungen im Wege eines Härteausgleichs versorgt.
Ebenfalls eine Frist gilt für Ausländer, die erst durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Opferentschädigungsgesetzes in den Schutzbereich des OEG einbezogen worden sind: Sie erhalten Versorgungsleistungen, wenn die Gewalttat nach dem 30. Juni 1990 verübt wurde. Wurde die Gewalttat vor dem 1. Juli 1990 verübt, können ebenfalls Versorgungsleistungen i m Wege eines Härteausgleichs gewährt werden.
Information
Zuständig sind die Versorgungsämter. Leistungen können Sie dort beantragen, aber auch bei den Gemeinden, einem Träger der Sozialversicherung oder einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland.
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Wichtig:
Gegen Entscheidungen der Verwaltung können Sie den Rechtsweg zu den Sozialgerichten kostenlos beschreiten. Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben, wenn als Versorgung Leistungen gewährt werden, die den Leistungen der Kriegsopferfürsorge entsprechen.
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Sind Sie in einem anderen Mitgliedstaat der EU Opfer einer Gewalttat geworden, können Sie sich an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wenden. Dieses ist so genannte Unterstützungsbehörde im Sinne der EU-Richtlinie 2004/80/EG und leitet Ihren Entschädigungsantrag an die zuständige Behörde im jeweiligen Land des Tatortsweiter.
Hinweis: Die Entschädigung der so genannten Contergan-Opfer ist unabhängig vom Sozialen Entschädigungsrecht geregelt, und zwar im Gesetz über die Einrichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Menschen“. Informationen dazu können Sie anfordern beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Rochusstraße 8-10, 53123 Bonn.
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2009)